jagdethik – Jagd und Tierliebe im Widerspruch

Wer Tiere tötet, kann sie nicht lieben?

Bild - Niko FuxJagd begleitet uns Menschen von der ersten Entwicklungsstufe an.
Damals war die Jagd überlebensnotwendig. Das Fleisch wurde verzehrt, das Fell gegerbt – auch die Knochen, Sehnen und Zähne fanden Verwendung. Die Menschen reisten dem Wild hinterher und wussten gute Jäger mehr als zu schätzen. Sicherten diese doch das Überleben der Familie. Mit Stöcken, Steinen und Felsbrocken wurden die Tiere erlegt. Heute eine barbarische Vorstellung, aber damals die einzige Möglichkeit an das so wichtige Fleisch zu kommen.

Mit der Weiterentwicklung des Menschen entwickelte sich ebenfalls die Technik der Jagd und ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass wir ohne die Jagd heute sicher nicht auf der jetzigen Entwicklungsstufe stehen würden.
Auch Brauchtum, Rituale und Gottheiten der Jagd entstanden. Diese begleiteten den Menschen auf seiner Entwicklung und wurden verändert, vertieft und immer weitergegeben. Der Respekt und die Ehre des Wildes waren von Anbeginn wichtig und selbstverständlich. Der Dank an den Schutzpatron der Jagd oder der Göttin der Jagd, wie es die Zeit oder Kultur gerade vorgab, ebenfalls.

Heute jage ich nicht mehr um mein Überleben zu sichern.
Es gibt Nahrung im Überfluss in der Welt in der ich lebe. Doch ich verwende gerne Wildfleisch in der Küche und stelle daraus zum Beispiel Wurst her. Ich esse auch gerne ein gutes Wildgericht, denn Wild ist das naturbelassenste Lebensmittel – es ist gesund, absolut hochwertig und vor allem – nachhaltig.
Genau das ist es jedoch, was mich immer wieder in die Situation bringt, in der ich gefragt werde, warum ich Tiere erlege. Auch wird mir ab und an mein Herz für Tiere abgesprochen. Das könne ja gar nicht sein, wer Tiere tötet, kann sie nicht lieben. Aber das ist absurd! Das Gegenteil trifft zu… Ich wurde zum Jäger, weil mich meine Liebe zu den Tieren angetrieben hat. Warum, versuche ich hier zu erläutern. Hierfür hole ich gerne ein wenig aus …

Die Jagd ist für mich kein Hobby – es ist eine Passion.
Das sagt sich so schnell daher, aber es ist einfach schlicht und ergreifend wahr. Ein Hobby ist etwas, was ich mir in der Freizeit als Beschäftigung und Zeitvertreib aussuche. Habe ich mal keine Lust, dann lasse ich es einfach sein und mache etwas anderes. Jagd ist nichts was ich einfach so nach Lust und Laune heraus betreibe. Es erfasst mich tief in meinem Herzen und lässt mich nie wieder los.

Das Erlegen nimmt nur einen kleinen Bereich in Anspruch, von dem, was die Jagd ausmacht. Denn es gehört mehr dazu: Es ist nicht die Lust am Erlegen und kein blutrünstiges Hobby, sondern erfüllt einen ganz anderen Zweck. Wenn mitten in der Nacht das Telefon klingelt und du zu einem Wildunfall gerufen wirst, dann kannst du nicht einfach liegen bleiben, nur weil du heute mal keine Lust hast. Da musst du los und das Verunfallte Tier vom Leid erlösen, vielleicht auch erst noch lange nach ihm suchen.

Das ist aber nicht alles, was der Jäger macht. Ist es doch heute seine Aufgabe, das Wild gesund zu erhalten und eine ebenfalls gesunde Populationsgröße anzustreben, damit Nahrungsangebot und Wilddichte im Einklang stehen.

Ja, nun werden alle die, die Jagd nicht mögen, sich aufrichten und den Finger heben:
„Die Natur braucht den Menschen nicht. Die Natur hat den Menschen nie gebraucht. Sie regelt das perfekt alleine. Schluss mit der Jagd.“ Aber so einfach ist das nicht. Es ist ganz richtig, die Natur würde ohne uns Menschen sicher sehr gut auskommen und es ist auch richtig, dass wir nicht auf Wildfleisch angewiesen sind, um zu überleben. Aber nun kommt der Stolperstein dieser Theorie, die mir so oft schon begegnet ist…

Wir Menschen sind aber nun mal auch hier! Und wir haben aus der Natur eine Kulturlandschaft gemacht. Wir haben alles nach unseren Wünschen und Bedürfnissen umgestaltet. So, dass man nicht mehr von einer Natur sprechen kann, die sich selbst im Gleichgewicht hält.

Lebensräume des Wildes wurden so verändert, dass die Tiere ihre Gewohnheiten ebenfalls verändern mussten.
So entstanden Kulturfolger und Kulturflüchter. Die Folger scheuen die Nähe des Menschen nicht mehr und erobern die Felder, Hühnerställe, Dachböden und Mülltonnen für sich. Dies führt zwangsläufig zu Problemen. Die Kulturflüchter dagegen werden immer mehr verdrängt, bis hin zum Verschwinden. Sie finden keinen Raum für sich und ihr Nahrungsangebot verschwindet zunehmend, genauso wie ihre Rückzugsmöglichkeiten
vor den Fressfeinden.

Durch Straßen, fehlende Feldränder, immer kleiner werdende Brachen und Stilllegungsflächen entstehen Verinselungen. Die Tiere bleiben in diesen kleinen Rückzugsinseln und verpaaren sich nur noch dort. Es entsteht kein Austausch mehr mit frischem, neuem Genmaterial. Die Kulturfolger, die augenscheinlich erst einmal profitieren, breiten sich aufgrund des Überangebots an Futter explosionsartig aus. Sie werden regelrecht zur Plage. Dann, mit einsetzender Ernte aber, beginnt der Hunger. Was sollen so viele Tiere fressen? Der Hungertod ist ein grausamer, langsamer und quälender Tod. Seuchen breiten sich aus und raffen die Tiere leidvoll dahin.

Hier wird deutlich, wie wichtig die Gesunderhaltung der Population, im Hinblick auf das Nahrungsangebot ist.
Zumal die Felder der Bauern ja nicht für das Wild bestellt werden und es dort enorme Ernteschäden gibt, wenn die Jagd nicht mehr ausgeübt würde. Das würde letztlich dem Endverbraucher, also jedem von uns, an der Kasse im Supermarkt schnell unangenehm auffallen, wenn er für Lebensmittel viel mehr zahlen muss als er gewohnt ist. Unsere Wälder sind ebenfalls Kulturfläche. Sie werden größtenteils bewirtschaftet und auch hier würden sich die Schäden, die das hungernde Wild an den Bäumen verursacht, letztlich in den Taschen der Verbraucher niederschlagen.

Aber das ist nicht alleine der Grund, warum ein Jäger ein Tier erlegt.
Verletztes Wild, zum Beispiel angefahrenes Wild im Straßenverkehr oder verstümmeltes Wild durch Mähwerke, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Auch erkranktes Wild wird vom Jäger geschossen.
Dies passiert um Leiden zu verkürzen und Ausbruch von Seuchen entgegenzuwirken. In der Natur würde das der große Beutegreifer erledigen, aber in der Kultur würde es schnell zu schweren Konfrontationen mit großem Raubwild wie zum Beispiel dem Bären kommen. Dafür sind unsere, dem Wild zur Verfügung stehenden Bereiche, viel zu klein.

Mit dem Anlegen von Wildäckern, Errichten von Notfütterungen, Bauen von Nistkästen und Pflanzen von Hecken, soll den Gefahren für das Wild entgegengewirkt werden, damit es Schutz und Nahrung erhält. Das Ablaufen der Wiesen vor dem Mähen, um Kitze zu finden und sie aus der Gefahrenzone zu bringen… Ach und noch so viele andere, wichtige Aufgaben können dazu beitragen!

Ich bin Jäger geworden, weil mich die Momente, die ich da draußen erlebe, unendlich glücklich machen. Ich beobachte, bewundere, begreife, erlebe und erfahre die Natur mit allen Sinnen. Ich kenne den Wald zu jeder Jahreszeit. Ich kenne die Geräusche und die Gerüche hier draußen bei Tag und auch bei Nacht.

Ich liebe die Stille einer sternenklaren Nacht, das leise Tröpfeln aus den Buchen, wenn der Regen sich verzieht und die Glühwürmchen, die in lauen Sommernächten umherschwirren. Ich genieße den Anblick von gesunden Kitzen, die ausgelassen neben der Ricke über die Freifläche springen. Ich bin dankbar, die Zeichen des Wildes lesen zu können und so Momente zu erleben, die vielen anderen Waldbesuchern verborgen bleiben. Alles das gehört zur Jagd dazu und das macht es für mich aus.

Das alles mache ich aus Liebe zum Tier, aus Passion.
Ich bin bereit, meine gesamte Freizeit dafür herzugeben, denn Jagd ist eben mehr als nur ein Hobby. Es ist eine Lebenseinstellung und die Schuldigkeit des Menschen dem Wild gegenüber. Wir können nicht einfach Zusehen, nachdem wir durch unser Eingreifen in funktionierende Systeme, alles verändert und auch vieles zerstört haben. Wir sind verpflichtet durch die Hege und Pflege, den Einklang zu erhalten.

Das ist für mich Jagd, denn ein Jäger leistet so viel für unser Wild und ist dort draußen viel näher am Puls des Geschehens als die meisten anderen, welche dem Jäger mangelnde Tierliebe
vorwerfen.

…womöglich haben die wenigsten Jagdgegner je einen Wildacker angelegt oder sind mit Heu auf dem Buckel geschnallt, durch Meter hohen Schnee zur Notfütterung gestapft. Dennoch bin ich mir sicher, wir haben die gleichen Ziele …

Vorurteile, Transparenz, Verständnis … manches fehlt und von manchem gibt es zu viel …

Waidmannsheil
Eure Niko